Mein Casi

Ich befand mich kurz nach dem Ende meiner Ausbildung zum Industriekaufmann und war mit mir und der Welt ziemlich zufrieden: ich hatte einen befristeten Vertrag als Sachbearbeiter in der Auftragsannahme und Reklamationsbearbeitung, ich wusste, was ich nach diesem Job machen wollte (in einer Internet-Agentur arbeiten), hatte meine Ruhe in einem Zimmer zur Untermiete in HH-Sasel, ein Auto, meinen Freundeskreis und mein Lieblingsspielzeug: das Internet. Ich hatte schon ein paar Männer über das Internet kennengelernt (Chat, Homo.de) und war nach ein paar Reinfällen (zwei Nette waren auch dabei) eigentlich nicht mehr gewillt, jemanden kennenzulernen. Und dann bekam ich die Mail von Casi.
Er hatte meine Kontaktanzeige bekommen und wollte mich kennenlernen. Da ich nicht genau wusste, ob er denn überhaupt mitbekommen hatte, dass ich 12 Jahre jünger bin als er, hab ich ihn freundlich darauf hingewiesen, aber da die geschriebenen Worte nicht die Geste und Mimik wiedergeben können, ist es bei ihm so angekommen, als wenn ich junger Hüpfer so einen alten Sack (J) gar nicht in Erwägung ziehen könnte. Nachdem er die Adresse meiner HP kannte, war es für ihn nicht weiter schwierig, meine Adresse und Telefonnummer rauszufinden und wir haben miteinander telefoniert.
Bei dem Gespräch merkte ich gleich, dass dieses Gespräch anders war, als die, die ich mit anderen Männern geführt hatte. Ich hatte gleich ein Kribbeln im Bauch. (Du musst seine Stimme kennen, um das nachvollziehen zu können.) Da wir uns sympathisch waren und das Gespäch auch gut lief, haben wir uns dann für die nächste Woche verabredet. Und die Zeit bis dahin war für mich schon hart, weil ich mit dem Bauch wusste, dieser Versuch, jemanden über das Internet kennenzulernen, ist es wert (Ich hab Typen getroffen, die mich so an kleine Nagetiere erinnert haben, dass ich nach Hause gefahren bin und mir geschworen hab, dass ich das nie wieder mache.). Wir haben uns dann noch ein paar Mails geschrieben und dann kam endlich der langersehnte Donnerstag.
An dem Tag habe ich meine Mutter zum Flughafen gebracht und ich sollte ich um meinen süßen Kater Sam und die Pflanzen kümmern. Da ihr Haus wesentlich schöner als mein Zimmer war, wollte ich das Treffen mit Casi umdisponieren. Aber er ging weder zu Haus, noch an sein mobiles Handy und auf die Mails kam auch keine Antwort. So saß ich dann den ganzen Abend wartend herum und war am Ende so gefrustet, einen miesen Korb zu kriegen, dass ich mir eine Flasche Cidre genehmigte und ins Bett ging.
Am nächsten Tag hatte ich das alles nicht mehr im Bewusstsein und saß abends vor meinem PC, als das Telefon klingelte. "Kennst mich noch?". Aha, der Herr meldet sich dann doch noch mal. Eigentlich wollte ich richtig schön, meinen Frust vom Vortag an ihm ablassen, aber seine Stimme und der Grund eines wichtigen Einsatzes am Abend besänftigten mich -für meine Verhältnisse- schnell wieder, sodass wir das nächste Treffen vereinbaren konnten: am gleichen Abend.
So fuhr ich dann zu ihm und war echt nervös. Er machte die Tür auf und plopp, ich hatte mein Herz verloren....
Wir haben uns, wann immer es ging, gesehen und nach vier Wochen hat er mich gefragt, ob ich nicht mit in seine neue Wohnung in Hamburg ziehen wollte. Ich hatte mir schon vorher überlegt, ob ich es mir vorstellen könnte, mit einem Menschen zusammen zu wohnen und wusste, dass es mit ihm gehen könnte. So stimmte ich seinem "WG-Angebot" zu und seit Ende März 2000 wohnen wir zusammen.
Allen, denen ich davon erzählte, dass ich nach vier Wochen mit meinem Freund zusammenziehen werde, waren skeptisch, man sollte doch mindestens ein halbes Jahr warten und man nervt sich doch so schnell an etc. Die Einzigen, die dem positiv gegenüberstanden waren meine Mutter und ihre Zwillingsschwester, die meinten, dass das die beste Möglichkeit sei, rauszufinden, ob man denn zusammen passe, da man den Alltag meistern muss.
Jetzt kann ich sagen, dass es mir schon verdammt lang vorkommt, wenn er zwei Tage nicht da ist. Ja, die Beziehung hat sich verändert: aus dem Kribbeln im Bauch ist ein Brummen im ganzen Körper und einer neuen Sicht der Dinge geworden. Ich kann mir nicht mehr vorstellen, wie es ist, wenn ich abends nach Hause komme und Casi ist nicht da.

Das war im Jahr 2000. In der Zwischenzeit haben wir uns "verpartnert" oder wie wir es nennen geheiratet (2003). Wir wohnen - nach diversen Umzügen - nun wieder in St. Georg in einer netten Altbauwohnung. Vor zehn Jahren hätte ich mir nicht vorstellen können, dass ich meinem Leben mal so ein Glück haben könnte: mein Schatz, toller Job, klasse Freunde und eine geile Wohnung. Was kann man mehr wollen...

... mehr wollen ... es fehlte etwas ... mir war schnell klar, dass ich wieder Katzen wollte. Und so haben 3 kleine süße Thaikater bei und mit uns Ihr neues "Personal" gefunden. Sie haben eine eigene Homepage: siehe unter "unsere Kater".